Škoda 130 RS: der legendäre „Porsche des Ostens“
Spektakuläre Drifts und waghalsige Sprünge: Wenn der mehrmalige deutsche Rallyemeister Matthias Kahle seinen Škoda 130 RS tollkühn über Wald- und Wiesenwege jagt, schlägt das Herz der Fans am Rande der Piste höher. Dabei ist der weiß-blaue Rallye-Bolide schon fast 50 Jahre alt. In seinen Glanzzeiten, den späten 1970er Jahren, lehrte das Rallye-Coupé seine Gegner das Fürchten – egal ob auf Schotter oder Asphalt. Heute präsentiert Škoda den legendären „Porsche des Ostens“ regelmäßig auf Oldtimer-Rallyes und -Shows. Dort begeistert er Motorsport-Enthusiasten und -Neulinge gleichermaßen. Wir stellen den Škoda 130 RS sowie seine größten Rallye- und Rennerfolge vor.
Der Škoda 130 RS glänzt in seinem unverkennbaren Rallye-Look.
Der Anfang einer Legende
Anfang der 1970er Jahre zeichnete sich ab, dass Rallye-Fahrzeuge mit 1,1 und 1,2 Litern Hubraum nicht mehr lange konkurrenzfähig sein würden. Daher präsentierten die Škoda Ingenieure 1974 zwei Prototypen mit 1,8 Litern Hubraum: den 180 RS und den 200 RS. Nach einer kurzen, aber erfolgreichen Zeit endeten ihre Karrieren aufgrund einer Reglementänderung der FIA (Fédération Internationale de l´Automobile). Denn die neuen Regeln untersagten Prototypen die Teilnahme an internationalen Rallyeserien. Das war die Geburtsstunde des Škoda 130 RS. Die Techniker im tschechischen Mladá Boleslav entwickelten auf Basis des Serienmodells gleich zwei Motorsportversionen – eine für Rallyes und eine für Rundstreckenrennen.
Motorleistung zwischen 125 und 142 PS
Das Herzstück des 130 RS ist ein Vierzylindermotor mit hängenden Ventilen (Over Head Valve). Die OHV-Technologie ermöglicht höhere Drehzahlen als bei der herkömmlichen Anordnung mit stehenden Ventilen. Für den Einsatz im Motorsport hatten die Techniker den Motor weiterentwickelt und im Škoda 120 S ausführlichen Tests unterzogen. Je nach Abstimmung leistet das Aggregat zwischen 92 kW (125 PS) und 104 kW (142 PS). Damit erreicht das Coupé mühelos eine Spitzengeschwindigkeit von 220 km/h. Zu den weiteren technischen Highlights zählen zwei Weber-Doppelvergaser und ein gusseiserner Zylinderkopf.
Der Motor der 130 RS Rundstreckenversion.
Eine besondere Stärke des 130 RS: sein Fahrverhalten. Dank seiner leichten Bauweise und ausbalancierten Abstimmung lässt er sich zügig und präzise selbst durch schnelle Kurven lenken. Außerdem ist der Rallye 130 RS ein Sprungweltmeister, der seine Spur bei der Landung unbeeindruckt hält.
Der große Triumph bei der Tourenwagen-Europameisterschaft
Sein Rundstrecken-Debüt erlebte der Škoda 130 RS im April 1975. Einen Monat später schickte Škoda zwei Fahrzeuge in Brünn beim Lauf zur Tourenwagen-Europameisterschaft in der Klasse unter 2.000 cm3 an den Start. Das Rennen beendeten die beiden 130 RS auf dem dritten und dem vierten Platz. Zu diesem Zeitpunkt war das Fahrzeug noch mit einem Fünfganggetriebe ausgestattet. Ein Jahr später wurde es aufgrund einer Reglementänderung durch ein Vierganggetriebe ersetzt.
1978 beteiligte sich die Marke aus Mladá Boleslav mit der Rundstreckenversion des 130 RS erstmals an allen Läufen zur Tourenwagen-Europameisterschaft.
Am Ende der Saison belegte Škoda einen viel beachteten dritten Platz in der Markenwertung und setzte sich dabei gegen namhafte Wettbewerber durch. Im Folgejahr gelang den Tschechen sogar der zweite Platz in der Gesamtwertung.
Der 130 RS bei der Tournenwagen-Europameisterschaft 1981.
Mehr geht nicht, meinten vermeintliche Kenner der Szene. Doch weit gefehlt: 1981 fuhr der 130 RS den größten Erfolg seiner Geschichte ein. In einer spannenden Saison kämpfte sich der Bolide aus Mladá Boleslav an die Spitze der Gesamtwertung und holte mit 140 Punkten den Titel der Tourenwagen-Europameisterschaft.
Große Erfolge auch im Rallye-Sport
1976 zeigte sich Škoda mit dem 130 RS erstmals auf der internationalen Rallye-Bühne. Bereits im Premierenjahr belegten die Tschechen die ersten drei Plätze beim Pokal für Frieden und Freundschaft, einer anspruchsvollen Rallye-Serie im damaligen Ostblock. Ein Jahr später, im Januar 1977, brachen die tschechischen Werkspiloten Václav Blahna und Lubislav Hlávka im 130 RS zur Rallye Monte Carlo auf und sicherten sich dort zur Überraschung vieler den Klassensieg. Ihre tschechischen Werksteam-Kollegen Milan Zapadlo und Jiří Motal und machten als Zweitplatzierte den Doppelsieg perfekt. 1978 steuerte das Duo Zapadlo/Motal seinen 130 RS bei der Akropolis Rally, der bis heute härtesten Rallye auf europäischem Boden, ebenfalls zum Klassensieg.
Der Škoda 130 RS ist als eines der herausragendsten und erfolgreichsten Fahrzeuge in der über 120-jährige Motorsport-Geschichte von Škoda eingegangen. „Der 130 RS prägt den guten Motorsportruf unserer Marke bis heute", sagt Michal Velebny, Koordinator der Restaurationswerkstatt des Škoda Museums in Mladá Boleslav. „Dieses Rennauto in der damals kommunistischen Tschechoslowakei auf die Räder zu stellen, war nicht einfach und zeigt die technologische Kompetenz und das Engagement der damaligen Skoda-Entwickler und -Techniker." Heute gehören sowohl die Rallyeversion als auch die Rundstreckenversion des Škoda 130 RS zu den Highlights der Sammlung im Škoda Museum.
Matthias Kahle lässt seinen 130 RS gerne mal springen.